Rundbrief des Beauftragten für Vertriebene und Spätaussiedler zum Jahreswechsel 2022/2023

Liebe Heimatfreunde, liebe Mitstreiter, sehr geehrte Damen und Herren,

ich hoffe, Sie alle hatten ein gesegnetes und besinnliches Weihnachtsfest, sind von der Erkältungswelle verschont geblieben und fanden Zeit für sich selbst und die Familie, Zeit zum Kräfte- und Gedankensammeln.

Nun klingt ein Jahr aus, das uns ganz anders als die beiden vorangegangen erschütterte: Am 11. Februar 2020 schlug die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Namen COVID-19 für die bis dahin unbekannte Infektionskrankheit vor. Der Sommer 2021 wird für uns verbunden bleiben mit dem AfghanistanDesaster, einer Demütigung der westlichen Welt. Am 24. Februar 2022 marschierten russische Truppen in die Ukraine ein und begannen einen völkerrechtswidrigen Krieg, der unvermindert fortdauert, Familien, Menschen, Städte genauso wie unsere jahrzehntelange Gewissheit eines „Nie wieder“ zerstörte und die Frage offen lässt: Warum all das Leid?

Diese Ereignisse haben in unserem gesellschaftlichen Leben viel verändert, manche einsamer gemacht, manche Freundesbande zerschnitten und Zukunftsängste geweckt, die wir so in einem alles in allem sonst prosperierenden Land nicht kannten. Auf der anderen Seite sind wir uns in vielen Dingen sicherlich bewusster geworden, was uns als Gesellschaft ausmacht. Der Nachhall wird lang sein.

Ihr und unser Vereinsleben waren durch diese Ereignisse ebenfalls beeinträchtigt. Es gibt aber auch Grund zur Hoffnung: 2022 konnten wir wieder relativ viele Veranstaltungen durchführen. Zuallererst denke ich dabei an unsere spontane Sammlungsaktion zur Hilfe für Flüchtende aus der Ukraine (über 3.000 € kamen zusammen), die ich sowohl als Bar- als auch als Sachmittel in das Eichendorffbegegnungszentrum der Deutschen Minderheit in Oberschlesien bringen konnte. Genauso gut kam die Hilfe für die Busbrücke (Sponsoring eines Busses und Übersetzungsleistungen) als auch die Einrichtung dreier zeitweiliger Anlaufstellen in Chemnitz, Dresden und Leipzig an, die insbesondere die Spätaussiedler um Dr. Manfred Hellmund und Florian Braun herum betreuten! Wir haben damit im wahrsten Sinne des Wortes Brücken gebaut. Unser Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte sich für unseren Einsatz auch persönlich bedankt.

Das binationale Chöretreffen in Reichenbach/OL., der Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung und die Jahresabschlussveranstaltung waren inhaltsreich, bereiteten allen Teilnehmern Freude und waren von Harmonie, Miteinander und vielen neuen Ideen getragen. Auch konnte ich einige Ihrer Veranstaltungen besuchen, z.B. 30 Jahre Landsmannschaft Ost- und Westpreußen Kreisgruppe Chemnitz, in Torgau die Kranzniederlegung zum Volkstrauertag, in Hoyerswerda die Eröffnungen der beiden Sonderausstellungen zu den schlesischen Malern und derzeit zu den ostdeutschen Weihnachtskrippen – alles Veranstaltungen, die nicht nur auf uns, sondern auch positiv in die Öffentlichkeit strahlten. Nicht zuletzt haben wir in Ronald Pohle, weiter in Gerald Otto und Jörg Kiesewetter, aber natürlich auch in Christian Hartmann und anderen mehr starke Unterstützer im Landtag, die sich nachhaltig für unseren Fördertitel und Anliegen einsetzen, aber ebenso besuchten Staatsministerin Petra Köpping und Staatssekretär Sebastian Vogel (beide SMS) den Gedenktag und die Ausstellung in Knappenrode; sie lobten das Konzept und sicherten uns ihre Unterstützung zu. Die Koalition steht hinter unserem Vorhaben Knappenrode, dies ist spürbar. Kürzlich war der Innenstaatssekretär Dr. Frank Pfeil in Knappenrode zu Gast und besprach sich mit dem Landes- sowie dem Stiftungsvorstand ausführlich zu den Angelegenheiten und Zielen der Vereine. Auch unser Innenminister Armin Schuster informierte sich bereits mehrfach über die Belange der Vertriebenen und Spätaussiedler.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil meiner Arbeit ist, gemäß dem Koalitionsvertrag, neben der Betreuung und Unterstützung Ihrer Anliegen sowie der Entwicklung der Bildungsstätte in Knappenrode, die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit – hier konnte ich mit den Wanderausstellungen, insbesondere mit Heimatwechsel sowie den Wolfskindern, viele Schulen in ganz Sachsen erreichen. Die Lehrer organisierten jeweils mehrere Klassen zu den Eröffnungsveranstaltungen oder Doppelstunden, so dass sich ca. 2000 Schüler direkt und wesentlich mehr dann in den Ausstellungswochen mit der Thematik von Flucht, Vertreibung und Integration auseinandersetzen konnten. Das Gleiche gilt für die Präsentation in Rathäusern oder anderen öffentlichen Einrichtungen.

Auch die grenzüberbrückende Zusammenarbeit insb. mit den deutschen Minderheiten gestaltete sich erfolgreich, ich denke an den Denkmalpreis Niederschlesien, geförderte Publikationen deutscher Schriftsteller in den Vorkriegsjahren, die auf Wunsch polnischer Einrichtungen ins Polnische übersetzt werden konnten, den Austausch von Wanderausstellungen mit dem Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit, die Pflege von Friedhöfen und die Wiedererrichtung des Carolakreuzes im Park des ehemaligen Residenzschlosses Sybillenort des sächsischen Königs (heute Szczodre bei Breslau – ein großer Dank geht an die Landsmannschaft Schlesien Landesverband Sachsen unter Friedemann Scholz) usw. Mit dem Stiftungsvorstand besuchten wir verschiedene Einrichtungen in Oppeln und Liegnitz, stärkten die Kontakte und vereinbarten konkrete Projekte. Ein besonderer Dank geht hier an unsere Partner Lucjan Dzumla, Rafal Bartek und Bernhard Gaida in Oberschlesien und Julita sowie Prof. Dr. Jozef Zaprucki in Niederschlesien.

Daneben lassen sich vielfältige Anknüpfungspunkte bzgl. Minderheitenrechten durch meine Zuständigkeit für die Mehrsprachigkeit im sorbischen Siedlungsgebiet auch für Minderheitenprojekte in unserem Themenbereich finden; auch mit der Kriegsgräberfürsorge sind wir gut vernetzt und gestalten manche Gedenktage gemeinsam. Die sollte noch enger werden, auch weil die aktiven Kreise sich ergänzen.

Ein großer Erfolg war die Umsetzung der Gründung der Regionalverbände – ich gratuliere Frau Liane Labuhn zum Vorsitz in Chemnitz/Südwestsachsen, Herrn Henry Hufenreuther zum Vorsitz in Leipzig/Nordsachsen und Herrn Frank Hirche zum Vorsitz in Dresden/Ostsachsen … und natürlich ihren Stellvertretern Alexander Schulz, Peter Wolf und Claus Hörrmann. Damit gibt es drei starke Vereine, die sich auflösende Gruppierungen wie auch Einzelinteressenten in ganz Sachsen aufnehmen können und eine sichere aktive Vereinsarbeit überall in unserem Bundesland gewährleisten. Jeder Verband verfügt über gute Büroräume (in Chemnitz rege ich gern die Suche nach einem etwas größeren Büro an), wir werden noch für die technische Ausstattung sorgen. Was mich besonders freut ist, dass sowohl in Chemnitz als auch in Dresden und Leipzig die Vertriebenen und Spätaussiedler nunmehr auch alle über gemeinsame Räume verfügen, sprich das Miteinander auch organisatorisch vertieft werden konnte.

Insofern sollten wir zuversichtlich auf das Jahr 2023 blicken. Die zentralen Termine stehen schon mit dem Landesverbandstag am 18. März in Chemnitz, dem binationalen Chöretreffen am 25. Juni in Reichenbach/OL., dem Sächsischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung am 10. September in Knappenrode (wir hoffen, dass der erste Abschnitt des Bauabschnittes 3, die Integration in Ost und West sowie die vier übergreifenden – also auch für heutige Flüchtlinge relevanten –  Themeninseln Heimat, Bildung, Kultur und Demokratie weitestgehend erlebbar sind … unsere Kuratoren Dr. Lars-Arne Dannenberg, Prof. Dr. Frank Lothar Kroll und Falk Drechsel sind derzeit mit den ersten Texten und der Ausgestaltung der Themeninseln beschäftigt) und der Jahresabschlussveranstaltung vom 17. bis 19. November fest, hier ist auch eine breite Teilnahme angezeigt, um Ihren Mitgestaltungsanspruch zu untersetzen. Im Februar oder März werden wir in Knappenrode zudem die nächste Sonderausstellung, diesmal zu Ostpreußen (u.a. mit dem übernommenen Fundus aus Schleswig) eröffnen – an dieser Stelle gilt ein großer Dank der Landesgeschäftsführerin Claudia Florian und dem Landesvorsitzenden Frank Hirche, zugleich Leiter des „Transferraums Heimat“, der mit Claudia Florian, Dr. Manfred Hellmund und Friedrich Zempel die Stiftungsgeschicke leitet. Auch das Engagement der Stellvertreter Liane Labuhn, Dr. Manfred Hellmund und Alexander Schulz ist unverzichtbar.

Als weitere Termine darf ich vorerst benennen:

  1. Januar: Unsere Stiftung hat von der „Altertumsgesellschaft PRUSSIA“ die umfängliche Bibliothek und Sammlung übernommen. Der Bestand umfasst über 7000 Druckwerke, darüber hinaus zahlreiche Bilder, Karten, Manuskripte, Dokumente etc. zur Geschichte Ostpreußens und bietet damit eine wertvolle Ergänzung zu den Materialien der Knappenroder Stiftung, in deren Vor-Ort Bestand die Sammlung nach dem Komplettausbau des dortigen Bildungs- und Begegnungszentrums „Transferraum Heimat“ dereinst überführt werden soll. Vorerst obliegt deren Sichtung und Verwahrung Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, zugleich Mitglied im Kuratorium der Stiftung. Er betreut diese Sammlung und ergänzt deren Bestand kontinuierlich durch weitere Stücke. Als Verwahrungsort dienen bis auf weiteres die Bibliotheksräume in der Barbarossastraße 60, Erdgeschoss rechts, 09112 Chemnitz, die nach Anmeldung/Absprache für Forschungszwecke etc. auch zugänglich sind.  Am 13. Januar 2023, zwischen 14.00 und 15.30, wird die Sammlung dort offiziell eröffnet. Dazu sind alle Freunde Ostpreußens und sonstige Interessierte herzlich eingeladen. Um Anmeldung an den Unterzeichner wird bis zum 10. Januar 2023 gebeten.

19. Januar: Hier wird die Ausstellung „Wolfskinder in Sachsen“ am Johanneum in Hoyerswerda für die Stadt insgesamt mit einem kleinen Abendvortrag von mir eröffnet; Mitte Februar geht                  sie dann nach Tauroggen/Taurage in Litauen.

  1. bis 28. Januar (also über den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus hinweg): Hier möchte ich auf die internationale Tagung, auch als Beitrag für den Weg zur Kulturhauptstadt 2025, „Jüdischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ in Chemnitz hinweisen; für Interessierte sende ich gern das Programm zu.

Für Anfang des Jahres wird auch die neue Publikation zu den Dialekten („Klang der Heimat“) von Dr. Lars-Arne Dannenberg erwartet, die das Buch „Lieder der Deutschen aus dem östlichen Europa“ ergänzt; die geplante „Heimat-Trilogie“ wird dann durch ein Buch zu ostdeutschen Sagen und Mythen abgeschlossen (Beiträge sind gern ab sofort beim Unterzeichner willkommen).

Gut wäre es, wenn wir in 2023 wieder einen neuen trinationalen Schülerwettbewerb und eine neue Wanderausstellung zu einem übergreifenden Thema, welches auch für Schüler relevant ist, in die Wege leiten könnten. Vorschläge, wie auch zum ZukunftErbe-Preis 2023, sind erbeten.

Die Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit in Rumänien soll ausgebaut werden; hier bin ich dabei, eine Minderheitentagung gemeinsam mit einer Universität vor Ort zu entwickeln, ähnliches ließe sich für die Ungarndeutschen denken, wo der Landesvorsitzende Frank Hirche und ich bereits erste Überlegungen besprochen haben. Gerade die Minderheitenthematik ist virulent und für ein harmonisches Miteinander in Europa essentiell!

Nicht zuletzt sollte es uns gelingen, in 2023 den Beirat zu installieren.

Zum Jahresende sind noch die oben abgebildeten Publikationen fertiggestellt wurden, die ich Ihnen ans Herz legen möchte; bei Interesse bitte Claudia Florian anschreiben; die Broschüren werden gegen einen Unkostenbeitrag inkl. Porto von 5 Euro versandt, das Buch „Das widerständige Wort“ (es erhielt hervorragende Rezensionen in der FAZ, in der Süddeutschen Zeitung und zuletzt durch den Regionalbischof von Lüneburg) muss von jedem selbst im Buchhandel bestellt werden.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in das neue Jahr 2023 bei guter Gesundheit und Zuversicht – persönlich und gesellschaftlich: für das Vereinsleben, für unser Land. Wir dürfen durchaus unterschiedliche Standpunkte und Überlegungen haben, denn nur daraus entwickeln sich nachhaltige Ergebnisse. Es ist wichtig, in der Diskussion nicht die Zustimmung des anderen, sondern die gemeinsame Lösung zu suchen. Darauf vertraue ich.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Dr. Jens Baumann

Besuchen Sie auch gern mein  Portal: www.bvs.sachsen.de; Sie finden dort auch alle Förderunterlagen sowie weitere Informationen über Publikationen sowie über die Ausstellungen zur kostenlosen Ausleihe.

P.S.: Ihre Projektanträge sind im Übrigen bei mir angekommen – ich hoffe, alle haben eingereicht. Ich werde diese nach Haushaltsfreigabe bis März/April zum größten Teil bearbeiten können. Da ich über keine Mitarbeiter verfüge und Frau Winter, die einem anderen Referat zugeordnet ist und für Sie die Auszahlungen erledigt, erst ab April wieder im SMI sein wird, bitte ich um etwas Geduld (für die Mieten in den drei Büros, die aufgrund der Beträge kaum privat vorfinanzierbar sein werden, haben wir mit Claudia Florian eine Lösung gefunden, bitte mit ihr in Kontakt treten).