Eine Feier der Sinne

Am 05.12.2022 hatte die Ortsgruppe Chemnitz zu einem besonderen Kunstgenuss in ihre Büroräume geladen.

Mitglieder und Gäste hatten sich zum Termin am Vorabend zu Nikolaus hier versammelt und, wie es sich für einen solchen Anlass geziemt, wurden u.a. Sekt und kleine Köstlichkeiten angeboten. Bilder an den Wänden wiesen auf den eigentlichen Anlass. Hier findet eine Vernissage statt. Ida Schneider, Künstlerin aus Werdau, stellt eine Auswahl ihrer in Ölfarben auf Leinwand gebrachten Bilder vor.

Wie wir erfahren, sind in ihrem Berufsalltag als Ärztin für Allgemein- und Viszeralchirurgie Kunstgriffe ganz anderer Art gefordert. Und so findet sie in dem Hobby, aus ihrem fotografischen Gedächtnis Erinnerungen und aus ihrer Fantasie Bilder in Öl auf Leinwand zu bringen, einen Ausgleich. Und es kann schon mal vorkommen, dass nach einem anstrengenden Tag am OP-Tisch in ihr ein Feuerwerk an Emotionen drängt und sie eine ganze Nacht hindurch am Bild arbeitet. Keinesfalls ermüdet, eher beflügelt und energiegeladen geht sie dann tagsüber auf in ihrem Hauptberuf.

An diesem Abend haben wir im Gespräch mit Ida Schneider viel Autobiographisches erfahren:

Ich bin in einem kleinen sibirischen Dorf 1957 geboren. Meine Eltern waren aus der Autonomen Deutschen Republik an der Wolga, wie hunderttausende auch, zu Beginn des Krieges 1941 deportiert worden. Sie kamen in die sogenannte Trudarmee und nach dem Ende des Krieges wurden sie nach Sibirien verbannt.

Dort bin ich geboren, wo sich meine Eltern bis 1956 unter der Aufsicht der Kommandantur befanden. Nachdem ich etwas zu Kräften kam, sind wir (ich habe noch ältere Geschwister – drei Schwestern und einen Bruder) nach Kasachstan umgezogen. Hier bin ich in die Schule gegangen. Dann sind wir in die Stadt Frunse (heute Bischkek) – Hauptstadt von Kirgisien umgezogen. Hier habe ich die Medizinische Berufsschule absolviert und habe als Operationsschwester gearbeitet. Von Kindheit an hatte mich die Chirurgie interessiert und fasziniert. 1976 habe ich geheiratet und 1978 einen Sohn geboren. 1983 habe ich an der Medizinischen Hochschule das Studium begonnen und 1989 mit dem Roten Diplom abgeschlossen. Die Ordinatur habe ich 1991 absolviert. Ich habe gearbeitet und den Sohn erzogen. 1999 übersiedelte ich nach Deutschland, wo bereits meine Mutter und meine Schwestern lebten. Im Jahr 2000  bin ich nach Werdau umgezogen und habe hier auch meine Berufstätigkeit als Chirurgin an der Pleißental-Klinik begonnen.

Wie ich bereits geschildert habe, gehört meine Schaffensenergie der Chirurgie, sie ist meine Liebe, Berufung und Hingabe.

Vor zwei Jahren verspürte ich einen Druck, ein Verlangen, einen Wunsch einer anderen Art der Darstellung meiner innerstersten Gefühle.

Ich habe ein sehr ausgeprägtes fotografisches Gedächtnis. Alles, was ich wunderbares in der Natur, in den Menschen beobachtet habe, prägte sich in mir ein. Manchmal suchte ich in meinen Erinnerungen Momente heraus, die mich besonders fasziniert hatten. Ich wollte diese Momente in die Realität holen, und so nahm ich Pinsel und Farben und fing einfach an (zuerst ganz zaghaft), diese Momente auf die Leinwand zu malen. In den zwei Jahren habe ich viele Porträts gemalt, auch Landschaften. Der Wunsch zu malen wurde in mir immer größer. Ich konnte keinen einzigen Tag mehr ohne die Staffelei und die Pinsel leben. Das ist meine zweite Leidenschaft und Liebe. Das gibt mir Kraft, das inspiriert mich. Wenn ich male bin ich richtig glücklich.“

 Disziplin und Genauigkeit, das spürt man, sind nicht nur wichtige Eigenschaften bei ihrer Arbeit mit Patienten. Sie bestimmen auch ihr künstlerisches Schaffen. Und doch lässt sich bei der Betrachtung eine Leichtigkeit dahinter vermuten, die unsere Herzen berührt.

Und auch am Klinikum in Werdau, ihrer Arbeitsstätte, so erfahren wir, setzt die Betrachtung der ausgestellten Bilder bei Patienten positive Energie frei. Dass dies geeignet sein kann, einen Heilungsprozess voranzutreiben, ist kein Geheimnis.

Und auch hier am Ausstellungsort in Chemnitz ist an diesem Abend die Atmosphäre im Raum aufgeladen mit positiver Energie.

Dabei sticht ein Bild besonders hervor – „Das Mädchen mit der Laterne“. Es scheint eine Botschaft auszusenden, die da lautet: Schaut nur, ich bringe euch Licht und Hoffnung. In diesen Tagen erreicht sie uns wohl alle.

Wenn Frau Schneider in wenigen Monaten in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet wird, können  wir sicher sein, noch viel von ihr zu hören und vor allem zu sehen.

Wir wünschen ihr weiterhin viel Freude und auch Erfolg.

Marion Hoffmann, Ida Böttcher