Worte des Dankes und der Anerkennung anlässlich des Todes von Irmtraud und Prof. Dr. Winfried Schirotzek

Irmtraud und Prof. Dr. Winfried Schirotzek sind am 14. Oktober 2021 verstorben. Die Vertriebenen und Spätaussiedler in Sachsen und der Schlesischen Lausitz trauern um sie. Wir haben gute Freunde und Mitstreiter verloren, denen wir viel zu verdanken haben.

Irmtraut, genannt Ira, Schirotzek wurde am 11. Mai 1939 in Glogau/Schlesien geboren. Ihre Mutter flüchtete mit ihren kleinen Kindern nach Chemnitz. Im Anschluss an Ihr Chemiestudium arbeitete sie in der Lebensmittelüberwachung. Nach dem Erwerb weiterer wissenschaftlicher Qualifikationen war sie in einem medizinischen Forschungsinstitut als Patentassessorin tätig.

In der DDR stand sie in Opposition zu dem Regime. Aus diesem Grund wurde sie 1990 in den Koordinierungsausschuss zur Gründung des Freistaates Sachsen berufen. Nach dem Ende dieser Tätigkeit wechselte sie in das Sächsische Sozialministerium. Im Anschluss an eine mehrjährige Tätigkeit als Referentin wurde sie zur Referatsleiterin befördert. 2002 ging sie in den Ruhestand.

Zeit ihres Lebens bekannte sich Ira Schirotzek zu ihrer schlesischen Herkunft. Nach der friedlichen Revolution von 1989 nutzte sie die neuen Freiheiten, um dieses Bekenntnis praktisch werden zu lassen. Von 2004-2018 war sie Mitglied im Landesvorstand der Landsmannschaft Schlesien. 2009 gehörte sie zu den Mitbegründern des Vereins „Erinnerung und Begegnung e. V.“ (EuB). 2010 unterstützte sie die Gründung der Stiftung “Erinnerung, Begegnung, Integration“ und wurde Mitglied im Stiftungskuratorium. Gemeinsam mit ihrem Gatten Winfried Schirotzek betreute sie von 2011-2018 das Haus der Heimat in Reichenbach/Schlesische Oberlausitz.

Ein besonderes Anliegen war ihr die Sammlung, Erfassung, Verifizierung, wissenschaftliche Aufarbeitung und Veröffentlichung von Zeitzeugenberichten über Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des 2. Weltkrieges in Zusammenarbeit mit Mario Morgner.

Winfried Schirotzek wurde am 10. September 1939 in Breslau geboren. Seine Mutter flüchtete mit ihrem einzigen Kind nach Thüringen. Seine erste große Leidenschaft galt der Literatur. Als ihm klar wurde, dass in der DDR ein freies Studium der Literatur nicht möglich war, entschloss er sich, Mathematik zu studieren. Sein Schwerpunkt war die Stochastik. Nachdem er die A- und B-Promotion abgelegt hatte, begann er eine Universitätslaufbahn. Er wurde Autor bzw. Mitautor mehrerer Lehrbücher. Eine Berufung auf einen Lehrstuhl blieb ihm aus politischen Gründen in der DDR versagt. Erst nach der Wiedervereinigung wurde er von der TU Dresden zum Professor berufen. Im Anschluss an seine Pensionierung arbeitete er zunächst noch einige
Jahre weiter in der Lehre, um Studenten anderer Fächer an die Mathematik heranzuführen. 2007 veröffentlichte er sein wissenschaftliches Hauptwerk „Nonsmooth Analysis“.

Im Anschluss an seine Tätigkeit als Professor begann seine Aktivität für die Vertriebenen. Zusammen mit seiner Frau wurde er 2009 Gründungsmitglied des Vereins „Erinnerung und Begegnung e.V.“, um der landesweiten Arbeit der Vertriebenen und Spätaussiedler einen neuen Auftrieb zu geben. Wie seine Frau unterstützte er die Gründung der Stiftung „Erinnerung, Begegnung, Integration“ und wurde als Kustos der Sammlungen des Hauses der Heimat Mitglied im Vorstand der Stiftung. Zunehmend entdeckte er die Verbesserung der Kenntnisse über die Deutschen im Osten Europas als seine besondere Aufgabe. Er wirkte unter anderem in den Redaktionen zur Erstellung von Wanderausstellungen mit. Gemeinsam mit seiner Frau hielt er bei den Eröffnungen der Wanderausstellungen in Schulen, Rathäusern und anderen öffentlichen Räumen die Einführungsvorträge. Mit seinen populärwissenschaftlichen Schriften „Die deutsche Ostsiedlung“ und „Deutsche im östlichen Europa“ sowie durch eine Reihe von Aufsätzen und Artikeln für die gemeinsame Internetseite des EuB und der Stiftung trug er zur Verbesserung der Kenntnisse über die Geschichte der Vertriebenen und Spätaussiedler bei.

Ende 2018 mussten Ira und Winfried Schirotzek sich aus gesundheitlichen Gründen aus der aktiven Arbeit zurückziehen. Winfried Schirotzek unterstützte aber weiterhin die publizistische Arbeit des EuB als Berater. Seine Aufgabe als Schriftführer im Vorstand des EuB nahm er bis zu seinem Tode wahr.

Winfried und Ira Schirotzek genossen unter den Vertriebenen für ihren selbstlosen Einsatz große Anerkennung und Dankbarkeit. Als Mathematikprofessor wurde ihm auch von Kritikern der Vertriebenenarbeit Respekt entgegengebracht, weil seine schriftlichen Arbeiten und Redebeiträge stets wissenschaftlich gut begründet waren.

Allen, die mit Ira und Winfried Schirotzek zusammengearbeitet haben, war stets klar, dass es Ihnen immer nur um die Sache ging.

Aus Gesprächen mit Ira und Winfried Schirotzek wissen wir, dass sie sich auch außerhalb der sächsischen Vertriebenenverbände für Schlesien eingesetzt haben, unter anderem im Freundeskreis des schlesischen Museums.

Mit Irmtraud und Prof. Dr. Winfried Schirotzek verlieren die Organisationen der Vertriebenen in Sachsen sympathische, engagierte, fleißige, verlässliche, hoch gebildete und großzügige Unterstützer.

„Erinnerung und Begegnung e.V.“
Stiftung „Erinnerung, Begegnung, Integration“
Landesverband der Vertriebenen und Spätaussiedler
im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz

Friedrich Zempel und Frank Hirche